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Städtebaulicher Wettbewerb in 1040 Wien

Städtebauliches Grundkonzept:
Der Planungsraum ist infrastrukturell gut erschlossen, liegt zentrumsnah und am Beginn der Favoritenstraße als hochrangiger Einkaufsstraße. Es wird daher verzichten, den neuen Stadtteil durch ein eigenes Zentrum zu akzentuieren bzw. einen eigenen städtebaulichen Schwerpunkt im Gebiet zu erzeugen. „Zentrales“ Element des städtebaulichen Grundkonzepts ist ein Grün- und Freiraumverbund mit zahlreichen Platzbildungen für unterschiedliche Nutzungen. Als öffentlicher Raum, weitgehend durchgrünt, bildet er das städtebauliche Gerüst und gewissermaßen die „Mitte“ des neuen Stadtteiles, die als solche gleichmäßig den gesamten Stadtraum erfasst und an jeder Stelle verfügbar ist. In der Verteilung der Baukörper wird vor allem darauf geachtet, den einzelnen Nutzungen ein optimales und attraktives Umfeld zu gewähren. Wesentlich für die Umsetzung des Freiraumkonzeptes ist die Ausführung eines autofreien Stadtteiles. Dem städtischen Umfeld gegenüber schließt sich der Stadtteil weder ab noch öffnet er sich mit einer besonderen Geste. An der Laxenburgerstraße rückt der Stadtteil zurück und schafft begrünt und fußgeherbetont ein gewisses Intervall als Auftakt für die Ausführung als autofreier Stadtteil. Es gilt mit einer gewissen Selbstverständlichkeit dem Wohnen und Arbeiten, dem Gehen im Quartier einen Platz einzuräumen. Städtebau wird nicht als Experiment oder Individuation eines bestimmten Prinzips oder Lebensstiles verstanden, sonder in seiner Tragfähigkeit und Robustheit als Notation für die Zukunft. Der neue Stadtteil verschreibt sich den Kriterien der nachhaltigen Stadt. Die Name „Landgut“ dient der symbolischen Identifikation und bewahrt die Reste stiller Erinnerungen und späterer Erzählungen im Quartier.

Freiraumkonzept:
Der Frei- und Grünraumverbund am Landgut bildet die Grundlage für die bauliche und räumliche Konfiguration des Stadtteils. Dieser Freiraumverbund ist als ein System von Orten und Gelegenheiten zu verstehen, die das Wohn- und Arbeitsumfeld ergänzen und freistellen. Während das Gebaute, Büros und Wohnungen, in ihrem Zueinanderstehen kommunikative Dichte herstellen und Begegnungen wahrscheinlich machen, hält sich dazwischen ein System von Orten, Plätzen, Abständen und Gelegenheiten, das Differenzierung, Möglichkeiten und Abweichungen in Szene setzt. So finden sich am Landgut Sonnenplätze, Mauerecken, Nischen, Sitze, Bänke, Tische, Spielplätze, Bäume, Wiesen, Schachspiel, Sportplatz, Tribüne, Sportkäfig, Liegerampen, Sitzterrassen, Plätze, maßstäblich, autofrei und robust.
Diese Orte sind im Sinne Detlev Ipsens als Raumpersönlichkeiten zu verstehen. Sie prägen das Landgut nicht nur topologisch sonder auch mental, können benannt, bezeichnet und besprochen werden. Diesem Freiraum und ihm beigeordnet entwächst das Gebaute. Das einzelne Bauwerk bindet sich nicht an seinen Objektstatus sondern an den Prozess der Raumorganisation und seiner zeitlichen Abwandlungen.

Freiraum:
Zur Umsetzung und Sicherung der Freiraumkonzeptes und der stadträumlichen Qualitäten des neuen Stadtteils wird ein Verfahren der kooperativen Planung angeregt. Dazu soll der neue Stadtraum unter Nutzung geeigneter Bestandsflächen am Gelände sobald wie möglich geöffnet werden und am Ort ein interdisziplinärer Planungsworkshop den Beginn des Verfahrens markieren. Unter Einbeziehung unterschiedlicher Planungsfachstellen und entlang der Wettbewerbsprojekte gilt es unter dem Gesichtspunkt einer „instrumentellen Fantasie“ einen Masterplan Freiraum zu entwickeln. Dabei sind die bau- und grundrechtlichen sowie gesetzlichen Rahmenbedingungen kooperativ zu erarbeiten und geeignete Instrumentarien zu entwickeln, um den Masterplan Freiraum als übergeordnetes Planungsinstrumentarium zu installieren und durchsetzungsfähig zu verankern. Denkbar sind z.B. die Schaffung einer ARGE Freiraum unter Einbeziehung der Bauträger und/oder die Verwertung der Bauplätze durch Vergesellschaftung der Bauträger ebenso wie die kreative Interpretation rechtlicher Rahmenbedingungen. Kulturelle Zwischennutzungen begleiten das Verfahren und öffnen das Gelände für die mentale Aneignung und symbolische wie alltägliche Wiedereintragung des Stadtraums in das Bewusstsein der Bevölkerung. Dabei soll auch in geeigneter Form ein BürgerInnenbeteiligungsverfahren in den Planungsprozess integriert werden. Träger des Planungsverfahrens ist ein Quartiersmanagement, das von Anfang an den Prozess begleitet, moderiert und als zentrale Anlaufstelle fungiert.
Das Erdgeschoss: Auf Erdgeschoßniveau befinden sich jene Kontaktflächen und Räume, an und in welchen ein Großteil der alltäglichen Erfahrung im Stadtteil stattfindet. Das Alltägliche passiert und nützt vorwiegend diesen Grund – ankommen, gehen, ein- und austreten, Draußen aufhalten, lesen und verweilen, kommunizieren, spielen und beobachten. In den Erdgeschosszonen finden sich Wohnungen, wohnungsbezogene Grünhöfen, Räume für gemeinschaftliche Zwecke, Cafes, Kleinhandel, Werkstätten, Lokale, Ateliers, Fahrräder, wohnungsergänzende Räume und Räume für soziale und unternehmensorientierte Dienstleistungen. Soweit Nachfrage besteht sind Räume für eine lokal eingebettete Ökonomie anzubieten. Die Nutzflächen im Erdgeschoß sind generell nutzungsneutral ausgeführt. Damit kann konjunkturellen und generativen Veränderungen im Leben des Stadtteils anforderungsadequat entsprochen werden.

Nachhaltige Stadt: Das städtebauliche Grundkonzept folgt dem Kriterium der Nachhaltigkeit. Das schließt sowohl die energetische Optimierung der Gebäude ein als auch die Ausführung eines robusten Stadtquartiers. Robust ist ein Stadtteil, wenn auf Grund seiner hohen Nutzungs- und Aufenthaltqualitäten sein Gebrauchswert auf lange Dauer sichergestellt werden kann.
Dazu gehört sowohl die Qualität der Wohnungen in Lage und Grundriss, die Bereitstellung von Terrassen, Loggien und wohnungsbezogener Freiräume wie die Qualität der Büros und Gewerbeflächen. Dazu gehört wesentlich ein attraktiver Freiraum, ein System an grünen Plätzen und Raumfolgen, dass erlebbar ist und unterschiedlichen Nutzungen offen steht. Ebenso gehört dazu die Autofreiheit des Stadtteils. Um sich als Lebensraum in der Zeit als robust zu erweisen und den wechselnden Anforderungen zu entsprechen, bedarf es einer grundsätzlichen Flexibilität und Nutzungsneutralität des Gebauten.
Ebenso wichtig und mittlerweile politisch anerkannt sind die Kriterien der sozialen Nachhaltigkeit. Diese verlangen die Breitstellung allgemeiner Flächen und die Förderung kommunikativer Qualitäten, die Berücksichtigung von Aspekten der Alltagstauglichkeit, der Angstfreiheit und des Gender Mainstreaming, genauso wie eines breiten Angebots unterschiedlicher Wohnformen und die Eröffnung von Möglichkeiten der Mitbestimmung. Und schließlich zeichnet sich ein robuster Stadtteil durch die moderierende und aktivierende Arbeit eines Quartiersmanagements aus, welche den prozessualen Charakter des Stadtbaus Rechnung trägt.