hernalser – der stein denkt mordet liebt

Dokumantarfilm mit Spielfilmhandlung, 2014, von Melanie Hollaus

„hernalser – der stein denkt mordet liebt“ ist ein Dokumentarfilm mit Spielfilmhandlung, der die zwei Jahre der Entstehung des Hochhauses Hernalser in Wien zeigt.
Wenn am Ende das fertige Gebäude in seiner goldenen Fassade glänzt, weist nichts mehr hin auf all den Dreck, Staub, Beton, Schweiß und die Mühen der Menschen, die es gebraucht hat, um das Haus zu errichten. Der Film aber macht die Arbeiten vom Ausheben der Baugrube bis zur Fertigstellung des Hauses sichtbar. Er begleitet die Arbeiter bei 40 Grad im Hochsommer und bei minus 20 Grad im Winter, schaufelnd in der Grube und an der Fassade hängend in schwindelnden Höhen. Bewegungen von Kränen, Baggerarmen und sonstigen Baustellengeräten offenbaren eine diesen Maschinen eigene, faszinierende Choreographie. Doch trotz des Staunens über die Technik bleiben die Aufnahmen vor allem eine stille Hymne auf die harte und selten gewürdigte Tätigkeit der Bauarbeiter. Zwischen den dokumentarischen Aufnahmen der Baustelle tauchen immer wieder Spielfilmszenen auf, die durch einen losen Handlungsstrang miteinander verbunden sind. Die Baustelle dient als Kulisse für die vier Hauptprotagonisten, die alle irgendwie „nach oben“ wollen. Doch sehr frei nach Adorno gibt es für keinen der vier ein richtiges Leben im falschen System. Da ist der Schöngeist Pierrot, der als Dichter und Denker an der ihn umgebenden Leistungsgesellschaft und deren Obeflächlichkeit verzweifelt. Am Ende bleibt ihm nur der Schritt in den Wahnsinn. Seine Freundin Marianne weiß mit Pierrots abstrakten Denkfiguren nichts anzufangen und hält es mit Foucault: “Wir leben, lieben und sterben nicht auf einem rechteckigen Blatt Papier“. Trotz oder wegen der Absage an die Theorie – die Langeweile bleibt ihr treuer Begleiter.
Das Paar Roland und Corinne betrügt sich gegenseitig und beide haben nur zwei Dinge im Sinn: den jeweils anderen umzubringen und um jeden Preis „nach oben“ zu kommen. Roland wird dabei Opfer seiner eigenen Niedertracht, als er von einem Schauspieler erkannt wird, dem er einige Szenen zuvor ins Bein geschossen hat. Corinne dagegen scheint als einzige den Aufstieg zu schaffen, allerdings um den Preis des Verlustes dessen, was man Menschlichkeit nennt. Sie geht nicht nur metaphorisch über Leichen.
Die Spielfilmszenen sind eine Hommage an Jean-Luc Godard: Nie versucht der Film dem Zuschauer Realität vorzutäuschen. Leichen atmen, Schauspieler fallen aus ihren Rollen und hinterfragen sich selbst wie auch den Film. Dieser scheint einem stets zuzflüstern, was Corinne schließlich in der Schlüsselszene ausspricht: „Komm, lass Dich auf mich ein!“

Trailer

Titel: hernalser – der stein denkt mordet liebt
Länge: 70 Minuten
Format: Full HD
Sprache: Deutsch mit englischen Untertiteln
Produktionsjahr: 2014
Credits:
Regie: Melanie Hollaus
Drehbuch: Manfred Schenekl
Kamera: Melanie Hollaus, Christoph Lammerhuber
Schnitt: Melanie Hollaus, Postproduktion
Produzenten: Christoph Lammerhuber, Melanie Hollaus
Beteiligtenliste:
Marianne: Katarína Csányiová
Corinne: Julia Kronenberg
Roland: Martin Merkl
Ferdinand: Andreas Pronegg
weiters:
Sebastian Brunner, Katharina Burger, Michael Herzog, Katharina Hölzl, Anežka Jabùrková, Malte Müffelmann, Ylvi Kolde, Selma Kolde, Lisa Posch, Josh Reingruber, Jeff Ricketts, Carolin Riedelsberger, Josef Szeiler, Viorel Wolf, Sissi Wunder
Tonassistenz: Sebastian Brunner, Katarína Csányiová, Zeynep Sarikartal
Kameraassistenz: Viorel Wolf
Übersetzung: Hayley Green , Sissi Wunder
Untertitelung: Christoph Lammerhuber
Tonmischung: Melanie Hollaus, Zeynep Sarikartal
Instrumente:
Klavier, Gitarre, Synthisizer: Zeynep Sarikartal
Saxophon, Klarinette: Katharina Hölzl, Carolin Riedelsberger
Schlagzeug: Stephan Göschl
Architektur: pool Architektur ZT GmbH